„Schritt muss man reiten“, sagte bereits Paul Stecken. Wenn du den Schritt richtig reitest, dann hast du keine Zeit mit der Stallkollegin über die hochgezogenen Beine von Sieglinde (Name natürlich frei erfunden) zu lästern, deiner Oma telefonisch mitzuteilen, dass du am Sonntag gerne einen Apfelkuchen essen möchtest und deinem Freund noch schnell per WhatsApp zu schreiben, dass es heute ausnahmsweise etwas länger im Stall dauert. Letzteres wäre übrigens auch gelogen… denn es dauert immer länger im Stall.

So die Theorie.

Jetzt mach dir aber mal den Spaß und wirf einen Blick in eure Reitbahn. Dort siehst du Pferde, die am langen Zügel im Schritt dahinschlurfen. Diese Pferde tragen Reiter durch die Gegend, die tratschen, telefonieren, Whatsappen oder Instastorys drehen.

Mit Schritt reiten hat das reichlich wenig zu tun.

Der Schritt ist die natürlichste Bewegung

Pferde sind Steppentiere. Das bedeutet, in ihrem ursprünglichen Lebensraum legen sie täglich mehrere Kilometer im gemächlichen Schritt beim Grasen zurück. In der freien Natur traben und galoppieren Pferde nur, wenn sie größere Strecken am Stück zurücklegen oder flüchten müssen. Ihre Gangart der Wahl ist aber der Schritt.

Auf der Koppel kannst du die Pferde und ihr Verhalten beobachten. Du wirst sehen, dass sie nur in seltenen Fällen traben oder galoppieren.

Du zählst und fühlst einen klaren Viertakt

Du reitest einen guten Schritt, wenn es ein klarer Viertakt ist. Doch woran erkennst du das? Oft wirst du die Aussage hören, dass du auf hartem Boden durch das Hufgeklapper überprüfen kannst, ob dein Pferd im Viertakt ist. Das spiegelt allerdings nicht die Situation in der Halle oder auf dem Reitplatz wieder.

Auch ohne Hufgeklapper kannst du den Takt in der Reitbahn zählen. Konzentriere dich auf die Bewegung deines Pferdes und fühle wann sich welches Bein bewegt. Ein kurzer Blick nach unten verrät dir außerdem wann das rechte und wann das linke Vorderbein vorschwingt.

Nun zählst du laut mit: Eins-Zwei-Drei-Vier; Eins-Zwei-Drei-Vier; Eins-Zwei-Drei-Vier

Wenn „Eins“ vorne rechts ist, dann sollte das auch so bleiben. Betone immer die „Eins“ und achte darauf, ob das rechte Vorderbein vorschwingt, wenn du wieder bei „Eins“ ankommst. Ist das nicht so, dann geht dein Pferd keinen klaren Viertakt.

Neben dem Zählen ist auch das Fühlen ein wichtiger Aspekt. Versuche die Bewegungen deines Pferdes zu fühlen. Schließe die Augen. Die Bewegung des Pferdes muss sich für dich gleichmäßig anfühlen. Die meisten Reiter fühlen, wenn der Takt nicht ganz sauber ist. Das liegt daran, dass der Reiter sich selbst in einem gleichmäßigen Takt bewegt und aus der Balance gebracht wird, wenn das Pferd Taktfehler macht.

Ein guter Schritt ist gelassen

Oder besser gesagt losgelassen. Takt und Losgelassenheit sind die ersten beiden Punkte der Skala der Ausbildung. Du weißt schon! Dieses Dreieck, was du in vielen schlauen Büchern findest und von dem so mancher Mensch behauptet, es sei wichtig. Ich behaupte das übrigens auch…

Aber zurück zu Takt und Losgelassenheit. Beide Punkte lassen sich nicht voneinander trennen. Das bedeutet, ein taktrein gehendes Pferd ist in der Regel losgelassen. Umgekehrt macht ein angespanntes, also nicht losgelassenes Pferd, meist Taktfehler.

Dein Pferd fußt gleichseitig ab

Gleichseitig, aber nicht gleichzeitig, so lautet der Merksatz für den Schritt.

Lass uns mal einen Blick auf die sogenannte Fußfolge, das bedeutet in welcher Reihenfolge die Hufe den Boden verlassen, werfen:

1. vorne rechts

2. hinten links

3. vorne links

4. hinten rechts

Jetzt siehst du, dass nach dem linken Hinterbein, das linke Voderbein abfußt. Deswegen sprechen wir von gleichseitig. Da Vorder- und Hinterbein jedoch zeitversetzt den Boden verlassen, findet das Abfußen nicht gleichzeitig statt.

Bei einem geregelten und taktreinen Schritt wird durch das gleichseitige Abfußen im Seitenbild ganz kurz ein „V“ sichtbar. Wir sprechen auch von der „V-Phase“. Ein „V“, weil sich Voder- und Hinterhufe fast berühren. Vom Boden aus kannst du das sehr gut beobachten. Konzentriere dich dabei am besten auf das dir zugewandte Beinpaar.

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Vorne rechts fußt ab, gefolgt von hinten links

Gleichseitig: hinten rechts setzt gleich auf und vorne rechts fußt ab

Das linke Beinpaar bildet ein „V“, V-Phase

Nochmal die „V-Phase“ aus einer anderen Perspektive

Der Schritt ist schreitend

Hier stellt sich zunächst die Frage, was genau schreiten bedeutet. Schreiten wird im Duden mit „in gemessenen Schritt ruhig gehen“ definiert. Auf dein Pferd bezogen wird hier wieder der klare Viertakt angesprochen und die einzelnen Schritte, die dein Pferd macht. Das ist wichtig, denn im Schritt fußen alle Hufe nacheinander ab und nicht gleichzeitig – du erinnerst dich? Das führt dazu, dass immer zwei oder drei Hufe am Boden sind und folglich gibt es im Schritt keine Schwebephase.

Einen schreitenden Schritt erkennst du außerdem an der Nickbewegung deines Pferdes. Dabei bewegen sich Kopf und Hals vorwärts-abwärts. Die Halsmuskulatur ist gedehnt und entspannt.

Der Mittelschritt ist raumgreifend

In den meisten Fällen wirst du Mittelschritt reiten. Das ist der Schritt, den dein Pferd von Natur aus hat. Im Mittelschritt fußen die Hinterhufe über die Spur der Vorderhufe hinaus. Prinzipiell kannst du auch erhabener oder raumgreifender reiten. Mit anderen Worten gesagt, du kannst auch versammelten und starken Schritt reiten. Das ist übrigens nicht ganz so einfach wie es klingt und wird deswegen auch erst ab der Klasse M verlangt.

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Was du jetzt unbedingt machen musst

Mit diesem Wissen beobachtest du heute Abend mal die Pferde deiner Stallkollegen. Wie ist der Schritt? Siehst du einen Viertakt und eine „V-Phase“? Ist der Schritt schreitend? Ist er raumgreifend genug? Ist die Nickbewegung erkennbar?

Wenn du aktiv werden willst, dann bau doch mal ein paar Stangen in dein Training ein. Die hier beschriebenen Übungen kannst du alle auch im Schritt reiten!

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