Zu Beginn einer jeden Reitstunde oder Trainingseinheit reitest du zunächst im Schritt. Es folgt die Trab- und Galopparbeit. Diese Phase bezeichnen wir als Lösungsphase. Erst wenn das Pferd losgelassen ist und anfängt mit dem Rücken zu schwingen, wirst du zum Sitzen und Einwirken kommen. Erst dann wird sich für dich alles leicht und gut anfühlen oder mit anderen Worten: Du kommst zum Reiten.

Die Losgelassenheit ist das unverkrampfte An- und Abspannen der Muskulatur bei innerer Gelassenheit

Soweit die Definition, aber was bedeutet das nun?

Dein Pferd soll sich zwanglos bewegen. Seine Muskulatur spannt sich dabei ganz regelmäßig an und auch wieder ab. Dein Pferd soll auf gar keinen Fall permanent angespannt oder gar verspannt sein. Das regelmäßige An- und Abspannen der Muskulatur ist unter anderem ein Grund, warum die Losgelassenheit in sehr engem Zusammenhang mit dem Takt betrachtet werden muss. Du kannst nämlich auch sagen die Muskulatur spannt sich im Takt an und ab.

Während sich dein Pferd bewegt und dabei die Muskulatur arbeitet, soll es außerdem innerlich gelassen sein. Gelassen bedeutet nicht, wie viele Reiter meinen, dass deinem Pferd das Umfeld egal ist. Dein Pferd muss eine gewisse Lernbereitschaft und Konzentration zeigen. Ist dies nicht der Fall, dann ist dein Pferd in der Regel nicht losgelassen.

Es gibt Tage da arbeite ich eine gesamte Trainingseinheit an der Losgelassenheit. Insbesondere jetzt im Frühjahr, wo sich mein junges Pferd eher für zwitschernde Vögel und sich im Wind bewegende Blätter interessiert, ist es oft eine Herausforderung wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen. Was hier immer gut hilft, ist das Reiten von vielen Übergängen und Handwechseln. Ebenso gute Erfahrungen habe ich mit ein kurzen Bodenarbeitseinheit vor dem Reiten gemacht.

Die Losgelassenheit wird nicht nur in der Lösungsphase erarbeitet

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass du die Losgelassenheit deines Pferdes ausschließlich in der Lösungsphase beim Reiten erarbeitest. Du willst sie dir nämlich nicht nur erarbeiten, sondern darüber hinaus erhalten. Denn wer wünscht sich kein gelassenes Pferd, welches konzentriert und lernbereit ist? Deine Hilfen annimmt und dir ein komplett gutes Gefühl gibt?

Dieser Prozess erstreckt sich nicht nur über die Lösungsphase, sondern über die gesamte Ausbildung des Pferdes. Dabei spielt es keine Rolle, ob dein Pferd 4-jährig und am Anfang der Ausbildung steht oder ob du bereits einen erfahrenen Professor hast. Die Arbeit an der Losgelassenheit ist niemals abgeschlossen.

Artgerechte Haltung fördert die Losgelassenheit

Spaß, Abwechslung und Vertrauen sind die Zutaten für ein losgelassenes Pferd

Erinnere dich nochmal schnell an die Definition der Losgelassenheit. Das unverkrampfte An- und Abspannen der Muskulatur kannst du auch mit zwangloses An- und Abspannen beschreiben. Mit anderen Worten, du möchtest, dass sich dein Pferd zwanglos bewegt. Das wirst du nicht erreichen, wenn du zwanghaft versuchst dein Pferd locker zu reiten. Wenn du selbst angespannt bist. Oder sogar verbissen. Du wirst dein Pferd auch nicht dauerhaft losgelassen bekommen, wenn du jeden Tag Dressur reitest oder dein Pferd den ganzen Tag die Wand in seiner Box angucken muss.

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Stell dir mal einen Marathonläufer vor. Um sich optimal vorzubereiten, trainiert er abwechslungsreich. Er macht Langstreckenläufe in einem langsamen Tempo, kurze Strecken in schnellerem Tempo, Intervalltrainings und es gibt Ruhetage zur Regeneration. Außerdem ernährt er sich gesund, achtet auf ausreichend Schlaf und verbringt viel Zeit mit seiner Familie. Er ist ein rundum glücklicher Mensch, der sich auf den nächsten Marathon freut.

Nun ist dein Pferd kein Marathonläufer, aber ein Sportler. Neben den körperlichen Voraussetzungen muss dein Pferd auch psychisch losgelassen sein. Das erreichst du, ähnlich dem Marathonläufer, durch ein abwechslungsreiches Training aus zum Beispiel Dressurreiten, Stangenarbeit, Bodenarbeit, Longieren und Ausreiten.

Zum Weiterlesen: So wird deine Stangenarbeit ein voller Erfolg

Als Reiter musst du in jeder Situation gefühlvoll, und unter Umständen auch mal etwas bestimmter, reagieren. Nach dieser kurzen Anspannung musst du gleich wieder sensibel in deiner Hilfengebung werden. Wenn du von deinem Pferd eine Zwanglosigkeit erwartest, dann musst auch du diese mitbringen. Wenn du erwartest, dass dein Pferd sich mit Spaß und Freude bewegt, dann sei auch du mit Spaß dabei. Nur so wirst du ein dauerhaft losgelassenes Pferd bekommen, welches dir vertraut und gerne mit dir arbeitet.


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