Die letzte Weihnachtsgeschichte, geschrieben von Björn, ist mittlerweile einige Jahre alt. Seit Jahren wollte auch ich gerne eine Weihnachtsgeschichte verfassen, aber wie das immer so ist. Umso mehr freue ich mich, dass ich dich jetzt in ein pferdiges Weihnachtsabenteuer mitnehmen kann.

Falls du Björns Weihnachtsgeschichte noch nicht kennst:

Als die Pferde den Stall verließen – Teil 1

Als die Pferde den Stall verließen – Teil 2

Als die Pferde den Stall verließen – Teil 3

1. Von pferdischen Gesprächen an der Heuraufe

„Essen. Immer denkst du nur ans Essen“, schnaubte Nordwind empört. Der braune Oldenburger Wallach blickte auf das Heu vor ihm in der Raufe. Zusammen mit den anderen Pferden lebte er in einem Offenstall. Früher hatte er in einer Box gelebt und war nur tagsüber auf der Koppel. Jetzt konnte er sich Tag und Nacht frei bewegen und dorthin gehen, wo er wollte. Aber das Beste am Offenstall war, dass er sich viel besser mit den anderen unterhalten konnte.

So wie jetzt. Er hatte den Haflinger Krümel nach seinen Weihnachtswünschen gefragt. Krümel hatte mit vollem Mund geantwortet: „Ääh-ffel, Möööhhrn, Baaa-naaahnen, Läh-kerlis.“

„Ich finde, wir könnten uns alle wünschen, dass diese grünen Dinger über dem Heu abkommen“, mischte sich der kleine, dunkelbraune, fast schwarze Ventur ein und deutete mit den Nüstern auf die Netze, die über das Heu gespannt waren. Sein Name lässt es schon vermuten, denn Ventur ist Isländisch und bedeutet „Winter“. Ventur ist ein Islandpony.

„Diese grünen Dinger nennt man Heunetze und die sind genau für Kandidaten wie euch. Sonst futtert ihr noch mehr und verteilt obendrein das ganze Heu auf dem Boden“, belehrte Nordwind die anderen Pferde.

Als Krümel den Mund öffnete, um zu antworten, fügte Nordwind schnell hinzu: „Ich bräuchte kein Netz über dem Heu und wäre trotzdem sportlich und schlank.“ Er warf den Kopf nach oben und zog sich zu einem der Unterstände zurück. Er musste nachdenken. Über Weihnachten und seine eigenen Weihnachtswünsche.

2. Ein Brief an den Weihnachtsmann

Der Stall, in dem Nordwind, Krümel, Ventur und die anderen Pferde zu Hause waren, lag am Rande eines kleinen Dorfes. Wenn sich die Dunkelheit über das Dorf legte, erstrahlte überall das helle Licht der Lichterketten. Die Dorfbewohner hatten ihre Häuser weihnachtlich dekoriert. Lichter säumten die Straßenränder, in den Fenstern der Häuser erstrahlten leuchtende Sterne, und auf dem Marktplatz stand ein großer, geschmückter Tannenbaum.

In einem dieser Häuser wohnte Johannes. Der kleine Junge freute sich sehr auf das Weihnachtsfest. Nicht nur, weil er dann Schulferien hatte, sondern vor allem, weil auch seine Eltern den ganzen Tag zu Hause sein würden. Sie nannten das „Urlaub haben“. Für Johannes und seine kleine Schwester bedeutete das, dass sie ganz viel Zeit zum Spielen mit Mama und Papa hatten. Denn an Weihnachten sagte keiner der beiden: „Ich habe jetzt keine Zeit für dich.“

Heute wollte Johannes endlich seinen Wunschzettel fertig schreiben. Er wünschte sich eine Ritterburg, eine große Schaufel für den nächsten Sommerurlaub am Strand, ein Buch über Dinosaurier und einen großen Sack mit Karotten für die Pferde im Reitstall. Johannes war sich nicht sicher, ob er alles richtig geschrieben hatte. Deswegen malte er von all seinen Wünschen noch ein Bild dazu. Das war nur zur Sicherheit, falls der Weihnachtsmann etwas nicht lesen konnte oder nicht wusste, was er meinte.

Johannes faltete seinen Wunschzettel zusammen, steckte ihn in einen Briefumschlag, lief zu seinem Papa und rief: „Papa, wir müssen meinen Wunschzettel noch zum Briefkasten bringen!“

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Der Papa, der gerade dabei war, die neuesten Nachrichten auf seinem Tablet zu lesen, erwiderte: „Das machen wir. Sollen wir gleich gehen? Dann sind wir rechtzeitig zum Abendessen zurück.“

Kurz darauf verließ Johannes mit seinem Papa das Haus. Sie gingen die beleuchteten Straßen entlang, bis sie den Briefkasten erreichten. Johannes steckte den Brief durch den Schlitz. Seine Augen leuchteten. Auf dem Rückweg nahm er die Hand seines Papas und sagte: „Hui, das ist aber windig geworden.“

Sein Papa nickte: „Ja, da ist ein ganz ordentlicher Wind aus Osten aufgekommen. Ich habe schon in den Nachrichten gelesen, dass es heute Nacht stürmisch und kalt werden soll. Vielleicht bekommen wir dann auch Schnee.“

3. Ein Sturm zieht auf

Mittlerweile war es auch im Stall Abend geworden. Nordwind stand am Zaun und blickte in die Ferne. Verschwommen konnte er die Lichter aus dem Dorf sehen.

„Was wünschst du dir denn zu Weihnachten?“, fragte Ventur, der auf einmal neben ihm stand.

„Ich wünsche mir einen neuen Sattel. Der alte Sattel zwickt im Rücken, und das stört mich“, erwiderte Nordwind.

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„Ist das dein Ernst?“, fragte Ventur und sprach weiter: „Warum wünschst du dir nicht, dass der Sattel einfach kaputt geht und du nie wieder Sport machen musst?“

Nordwind rollte die Augen von oben nach unten: „Ventur, ich bin ein sportlicher Oldenburger. Im Vergleich zu dir habe ich Lust, mich zu bewegen. Außerdem erlebt man auch viel, wenn man ein Reitpferd ist. Vor allem beim Ausreiten.“

Ventur musste zugeben, dass Nordwind eigentlich recht hatte. Letzten Sommer war seine Besitzerin oft mit ihm Ausreiten gegangen, und das hatte ihm richtig viel Spaß gemacht.

„Na gut, vielleicht wünsche ich mir mehr Ausreiten. Aber jetzt könnten wir mal wieder zum Heu gehen und einen Snack zu uns nehmen“, schnaubte er und wendete sich ab.

Nordwind trottete hinterher. Ein kalter Wind schlug ihm ins Gesicht. Er betrachtete die Bäume, die ordentlich im Wind tanzten. „Da zieht wohl was auf heute Nacht“, dachte er und sollte damit auch recht behalten.

Einige Stunden später pfiff ein eisiger Wind aus Osten durch den Offenstall und wirbelte die Sandkörner auf. Die Pferde standen zusammengekauert im Unterstand und Krümel erzählte Geschichten von früher. Nordwind war sich manchmal nicht so sicher, ob das alles stimmte, was Krümel erzählte. Er glaubte eher, dass Krümel eine blühende Fantasie hatte. Es war aber auch völlig egal, ob Krümels Geschichten stimmten oder nicht, denn spannend waren sie allemal.

4. Der kaputte Briefkasten

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter wieder beruhigt und der Sturm war vorüber. Im Stall lagen einige Äste von den Bäumen auf dem Boden und ein bisschen Heu war durch die Gegend geflogen. Plötzlich ertönte ein fröhliches „Guten Morgen“ durch den Stall. Max, der Stallbursche, kam durch den Offenstall. Wie jeden Morgen wurde jedes Pferd von Max persönlich begrüßt und bekam eine kleine Streicheleinheit. Außerdem erzählte Max den Pferden immer den neuesten Klatsch und Tratsch aus dem Dorf.

„Na, Ventur, das war Isländerwetter heute Nacht, oder?“, sagte Max und klopfte Ventur den Hals.

„Ja, genau! Nur der Schnee hat gefehlt“, dachte Ventur und stupste Max mit seiner Nase an.

„Ja, ich weiß, ihr wollt wissen, was es Neues aus dem Dorf gibt.“

Nordwind hob den Kopf, und auch Krümel hörte plötzlich auf, Heu zu fressen. Sie spürten, dass etwas passiert war. Sie spitzten die Ohren und hörten gespannt zu, was Max zu erzählen hatte. Der Sturm in der letzten Nacht hatte einige Schäden im Dorf angerichtet. Bei Meiers Gartenhaus war das Dach weggeweht, ein Baum war umgefallen und zahlreiche Lichterketten waren durch die Gegend geflogen. Aber zum Glück war niemandem etwas passiert.

Nordwind schnaubte. Er ahnte, dass das noch nicht alles war. Irgendwas war noch passiert. „Ach ja, und der Sturm hat die Klappe vom Briefkasten aufgedrückt und nun ist die gesamte Weihnachtspost weggeflogen“, berichtete Max fast beiläufig.

Nordwind riss die Augen auf und flüsterte zu Krümel: „Das ist eine Katastrophe! In dem Briefkasten waren die Wunschzettel an den Weihnachtsmann.“

„Stimmt!“, antwortete Ventur. „Gerade letzte Woche haben die Kinder hier im Stall erzählt, dass sie ihre Wunschzettel noch in den Briefkasten stecken müssen.“

„Ein Kind hat sich Möhren für mich gewünscht“, berichtete Krümel. Nordwind schnaubte empört. Selbst in so einer Situation dachte Krümel nur ans Essen.

Alle Teile dieser Weihnachtsgeschichte:

Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 1

Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 2

Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 3


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