Die letzte Weihnachtsgeschichte, geschrieben von Björn, ist mittlerweile einige Jahre alt. Seit Jahren wollte auch ich gerne eine Weihnachtsgeschichte verfassen, aber wie das immer so ist. Umso mehr freue ich mich, dass ich dich jetzt in ein pferdiges Weihnachtsabenteuer mitnehmen kann.
Falls du Björns Weihnachtsgeschichte noch nicht kennst:
Als die Pferde den Stall verließen – Teil 1
Werbung
Als die Pferde den Stall verließen – Teil 2
Als die Pferde den Stall verließen – Teil 3
5. Weihnachten ist verloren
Der Tag verging wie im Fluge. Krümel und Ventur waren mit ihren Besitzern ausreiten und Nordwind hatte eine Reitstunde. Nordwind hatte sich sehr auf die Reitstunde gefreut, denn heute kam Johannes. Nordwind mochte den Jungen, denn er war ein sehr einfühlsamer Reiter. Er wusste schon ganz gut, wann er welche Hilfen mit seinem Gewicht und seinen Beinen geben musste. Außerdem hielt er sich beim Reiten nicht an den Zügeln fest. Das mochte Nordwind nämlich gar nicht, denn das tat ihm im Maul weh. Außerdem hatte Johannes oft einen Apfel dabei, den Nordwind nach dem Reiten zum Fressen bekam. Zum Leidwesen von Krümel, der den Apfel auch gerne gehabt hätte.
Als der kleine Junge aber heute in den Stall kam, merkte Nordwind sofort, dass etwas nicht stimmte. Vorsichtig stupste er Johannes an.
„Ach, Nordwind“, schluchzte dieser, „der Sturm hat meinen Wunschzettel aus dem Briefkasten an den Weihnachtsmann weggeweht. Und jetzt weiß der Weihnachtsmann nicht, was ich mir wünsche. Und da war doch auch etwas für dich dabei. Und jetzt ist Weihnachten verloren. Und überhaupt.“ Johannes holte tief Luft und wischte sich schnell die Tränen aus den Augen.
Nordwind scharrte mit einem Huf und dachte: „Das geht so nicht. Wir müssen helfen. Weihnachten ist nicht verloren.“
Johannes interpretierte Nordwinds Stampfen anders: „Ja, ich weiß. Du möchtest bewegt werden. Ich hole deine Putzsachen und dann machen wir es uns trotzdem schön. Vielleicht machen wir etwas Bodenarbeit. Ich glaube, heute bin ich kein so guter Reiter für dich. Ich bin so traurig.“
Nordwind war erstaunt, wie gut der Junge im Reitunterricht zugehört hatte. Denn Max pflegte immer zu sagen, gestresst, genervt oder traurig, steigt man nicht aufs Pferd. Oft übertragen sich die Gefühle des Reiters auf das Pferd und das ist nicht gut. Nordwind wollte nicht, dass Johannes traurig war und nahm sich ganz fest vor, die Bodenarbeit so richtig gut zu machen, damit Johannes nicht so traurig nach Hause ging. Und eines war noch klar: Er musste heute Abend dringend mit den anderen Pferden sprechen. Sie mussten helfen! Die Wunschzettel mussten zum Weihnachtsmann. Weihnachten darf nicht verloren sein.

6. Der Wind kam aus Osten
Als sich die Nacht über den kleinen Stall legte, zogen sich die Pferde in den Unterstand zurück. Krümel hatte sich hingelegt und schnarchte.
„Ey, Krümel! Aufwachen!“ Ventur stupste Krümel mit dem Huf am Hinterteil an.
„Hä? Was? Wie? Wo sind Möhren?“ Krümel schrak hoch.
„Ach, du bist es nur, Ventur“, seufzte er und legte den Kopf wieder in den Sand.
„Nein, Krümel, steh mal bitte auf. Wir müssen reden“, mischte sich nun Nordwind ein.
Krümel streckte erst seine Vorderbeine und stand dann auf. „Ich bin ganz Ohr“, gähnte er.
Nordwind berichtete von seinem Nachmittag mit Johannes. Auf einmal hatte auch Krümel einen Kloß im Hals. Er stampfte auf und sagte: „Ja, ihr habt Recht. Das geht so nicht. Wir müssen helfen.“
Dann dachte er nochmal kurz nach: „Aber euch ist schon klar, dass wir kein Heu mehr zum Fressen haben, wenn wir den Stall verlassen?“
Ventur erklärte dem verfressenen Haflinger, dass sie, wenn alles gut läuft, morgen früh schon wieder zurück sind. Krümel überlegte kurz und war einverstanden.
„Aber wie kommen wir hier raus?“, fragte er. Die Zäune waren mit einer Litze versehen, durch die Strom floss.
„Ich weiß, wie wir das machen“, erwiderte Ventur. Die Drei rückten zusammen, und Ventur schilderte seinen Plan. Kurz darauf trotteten sie zum Zaun. Sie wählten eine Stelle, an der die Zaunpfähle besonders weit auseinanderlagen und die Stromlitze etwas durchhing. Ventur stellte einen Huf auf die Litze. Ja, das ging. Er bekam keinen Stromschlag.
Werbung
„So, jetzt passt mal auf“, sagte er. Dann schob er mit seinem Po die zweite Litze nach oben. Ventur als Isländer hatte nämlich so ein dickes Winterfell, dass er die Stromlitze problemlos berühren konnte, ohne dabei einen Stromschlag zu bekommen. Krümel und Nordwind staunten. Jetzt war genug Platz, um unter dem Zaun durchzukrabbeln.
Erst rollte sich Krümel auf die andere Seite. Danach Nordwind. Ventur krabbelte als Letzter unter der Litze durch. Hintereinander trotteten die Drei durch die Dunkelheit zur Straße. Die Lichter des Dorfes waren nun klar und deutlich zu sehen.
„Und jetzt? Wo fangen wir an zu suchen?“, fragte Krümel.
Nordwind überlegte, aus welcher Richtung der Wind in der letzten Nacht gekommen war. „Mit dem rechten Auge habe ich nach Island geguckt“, sagte Ventur, der anscheinend wusste, was Nordwind gerade überlegte.
„Das bedeutet, dass der Wind aus Osten kam“, überlegte Nordwind, „und demzufolge sind die Wunschzettel nach Westen davongeweht.“
Krümel kombinierte weiter: „Das heißt, wir müssen am Dorf vorbei in den Wald.“
Die drei Pferde machten sich auf den Weg.

7. Das freche Eichhörnchen
Nach einiger Zeit erreichten sie den Waldrand. Nordwind schaute zum Himmel. Es war sternenklar und kalt. Der Mond leuchtete hell und die Pferde konnten den schmalen Waldweg gut erkennen. Plötzlich knackte es im Gebüsch neben ihnen.
„Hilfe, ein Monster!“, rief Krümel, sprang zur Seite und rempelte dabei Ventur an.
„Entspann dich und atme tief durch“, zischte Nordwind.
Aus dem Gebüsch guckte ein Hase hervor.
„Hallo!“, begrüßte Nordwind den Hasen. „Sag mal, in der Sturmnacht sind die Wunschzettel der Kinder aus dem Briefkasten weggeweht. Wir vermuten, dass sie hier in den Wald geflogen sind. Ist dir da irgendetwas aufgefallen?“
Der Hase überlegte kurz. Dann berichtete er von einigen Briefumschlägen, die er durch die Luft fliegen sah.
„Wenn ihr die sucht, müsst ihr aber viel tiefer in den Wald gehen. Und haltet die Augen auf und sucht das freche Eichhörnchen.“
Mit diesen Worten verschwand der Hase wieder in seinem Bau.
Um schneller voranzukommen, entschieden sich die Pferde, ein Stück zu traben. Plötzlich ertönte ein lautes „Stooooop!“ von Krümel.
„Was ist?“, fragte Nordwind. „Kannst du nicht mehr?“
„Haha, sehr witzig“, erwiderte Krümel, „sei mal lieber still und schau nach oben.“
Nordwind und Ventur reckten ihre Hälse und schauten zu den Baumkronen hinauf. Da flitzte doch tatsächlich ein Eichhörnchen über einen Ast, den Baumstamm hinunter und machte eine Vollbremsung direkt vor Nordwinds Vorderhufen.
„Was wollt ihr hier?“, fragte es empört.
Nordwind schilderte erneut die Sache mit den Wunschzetteln und fragte das Eichhörnchen, ob es etwas gesehen habe.
„Und ob!“, sagte das Eichhörnchen spitz, „ein paar sind weitergeflogen, aber einige habe ich da oben auf dem Baum in Sicherheit gebracht.“
Nordwind blickte zum Baum hinauf. Er konnte zwar springen, aber das war eindeutig zu hoch.
„Holst du uns die Wunschzettel herunter und gibst sie uns, damit wir Weihnachten retten können?“, fragte er das Eichhörnchen.
„Und was bekomme ich dafür?“, erwiderte das Eichhörnchen frech.
„Ach komm schon!“, mischte sich Ventur ein, „Die Kinder im Dorf sind sehr traurig, dass die Wunschzettel weggeflogen sind. Jetzt denken sie, dass Weihnachten verloren ist.“
Das Eichhörnchen zuckte mit den Schultern: „Ich gebe euch die Briefe mit den Wunschzetteln, aber nur, wenn ihr mir ein Weihnachtsgeschenk macht. Ich wünsche mir einen Sack voll Haselnüsse.“
Mit diesen Worten verschwand das Eichhörnchen wieder auf dem Baum. Ratlos schauten sich Nordwind, Krümel und Ventur an.

8. Ein Sack voll Haselnüsse
„Was machen wir jetzt?“, fragte Krümel und kratzte sich nachdenklich mit einem Huf hinter dem Ohr.
Nordwind war ratlos. Wo sollten sie bloß einen Sack voll Haselnüsse herbekommen? Plötzlich rief Ventur aufgeregt: „Ich weiß, wo Haselnüsse sind! Krümel, weißt du noch, als wir letztens auf dieser Wiese mit den vielen Bäumen ausgeritten sind?“
„Ja, stimmt!“, rief nun auch Krümel aufgeregt. „Das hat so lustig geknackt unter den Hufen. Das waren Haselnüsse!“
Nordwind staunte. Er hätte den beiden eher die Erinnerung an das saftige Gras auf der Wiese zugetraut.
Ventur, der genau wusste, wo sie lang mussten, übernahm jetzt die Führung. Im rasanten Tempo galoppierte er den schmalen Waldweg entlang. Krümel und Nordwind waren direkt hinter ihm. An der Dorfstraße angekommen, fielen die drei in einen gemütlichen Trab. Dann bogen sie links ab, den Weg am Fluss entlang, und kamen schließlich an der Wiese mit den Haselnussbäumen an.
„Was tut man nicht alles“, schnaufte Krümel, „Hoffentlich bringen die Kinder zu Weihnachten wirklich Möhren mit in den Stall.“
Zusammen scharrten die Pferde mit ihren Nasen die Haselnüsse zusammen. Als sie fast fertig waren, streckte Krümel plötzlich den Kopf nach oben und zog seine Oberlippe hoch.
„Schmeckt nicht“, sagte er und schüttelte seinen Kopf, so dass seine lange, helle Mähne von links nach rechts flog.
Nordwind und Ventur mussten lachen. Das war typisch Krümel. Er musste alles probieren.
„Da hinten bei den Häusern habe ich vorhin einen Jutesack über einer Pflanze gesehen. Ich galoppiere schnell hin und hole ihn. Dann können wir die Haselnüsse einpacken“, sagte Nordwind und machte sich auf den Weg.
„Wieso packen die Menschen ihre Pflanzen in einen Jutesack?“, fragte Krümel währenddessen.
Ventur überlegte kurz und erwiderte dann: „Vielleicht, damit den Pflanzen im Winter nicht kalt wird.“
Kurze Zeit später war Nordwind mit dem Jutesack zurück. Ventur stellte einen Huf auf das eine Ende des Sackes, Krümel hielt mit seinen Zähnen die Öffnung auf und Nordwind schob mit seinem Vorderhuf die Haselnüsse in den Sack. Anschließend zogen Nordwind und Ventur mit vereinten Kräften den Sack auf Krümels Rücken. Krümel hatte den breitesten Rücken von ihnen, und dort lag der Jutesack voll mit Haselnüssen am besten.
„Auf zum frechen Eichhörnchen!“, rief Nordwind. Diesmal rannte er voraus.

Alle Teile dieser Weihnachtsgeschichte:
Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 1
Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 2
Die verschwundenen Wunschzettel – Teil 3
Möchtest du dein Training abwechslungsreich und bunt gestalten? Dann guck dir unbedingt meinen neuen Kalender „2025 für Pferdemenschen“ mit zahlreichen Trainingsideen an!